Süddeutsche - 21.08.08

Der Wetzlarer Sündenfall

{mosimage}Weil ein katholischer Priester einem schwulen Paar seinen Segen gab, muss er sein Amt als Dekan abgeben - die gesegneten Partner sind bestürzt.
Von Kathrin Haimerl sollte eine schöne Feier werden. Jürgen Erbach und sein Partner Kristof Heil hatten alles gut geplant. Erst die Eintragung ihrer Partnerschaft im Alten Rathaus von Wetzlar. Dann wollten sie sich noch den kirchlichen Segen holen - im Wetzlarer Dom. Diese sogenannte Simultankirche wird von mehreren Konfessionen gemeinsam genutzt.

Kollas hatte am vergangenen Freitag ein schwules Paar im Wetzlarer Dom gesegnet, das zuvor seine Lebenspartnerschaft hatte eintragen lassen. Der katholische Pfarrer in Wetzlar war 1996 zum Bezirksdekan - zum Vertreter des Bischofs im Bezirk - ernannt worden. Kollas wird nach Angaben des Bistums auch nach der Entziehung seines Dekanamtes weiter als Pfarrer in Wetzlar arbeiten; der Bischof wird in den kommenden Tagen einen kommissarischen Dekan für den Bezirk Wetzlar ernennen. Kollas war am Mittwoch für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Wider einen falschen Eindruck

Der Wetzlarer Pfarrer hatte sich Bistumsangaben zufolge nach einem Gespräch mit dem Bischof am Dienstag einsichtig gezeigt: Er habe solche Segenshandlungen für eingetragene Lebenspartnerschaften zuvor nie vorgenommen und werde dies auch in Zukunft nicht mehr tun. Um weiteren Schaden von der Kirche abzuwenden, berief der Bischof den Bezirksdekan von seinem Amt ab, berichtete das Bistum. Das Amt des Bezirksdekans setze ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen dem Pfarrer und dem Bischof voraus, sagte Bistumssprecher Robert Eberle. Durch den Vorfall sei das Vertrauen erschüttert worden. Die „Wetzlarer Neue Zeitung“ hatte am Mittwoch berichtet, dass Bischof Tebartz-van Elst die Abberufung des Wetzlarer Bezirkdekans vorbereitet.

 

„Wollten der Kirche keinen Schaden zufügen“

Das schwule Paar zeigte sich am Mittwoch sehr bestürzt über die Abberufung von Kollas. „Wir wollten der katholischen Kirche und Pfarrer Kollas keinen Schaden zufügen“, sagte der Hochschullehrer für Immobilienprojektentwicklung im niedersächsischen Holzminden, Jürgen Erbach, der Deutschen Presse-Agentur. Der 47-Jährige ist auch Vorsitzender des Fördervereins „Wetzlar - Stadt der Optik“, der den Optikparcours in der mittelhessischen Stadt initiiert hat. Die beiden Männer sind laut Erbach seit 20 Jahren ein Paar. Die Segnung ihrer Lebenspartnerschaft sei beiden eine „Herzensangelegenheit“ gewesen, weil Glaube eine Rolle in ihrem Leben spiele.

Das Paar hat laut Erbach in einem Fax vom Mittwoch an das Bistum um eine Audienz beim Bischof gebeten. „Wir wünschen uns, dass er die Absetzung zurücknimmt“, sagte Erbach. Die Feier im Wetzlarer Dom sei „keine Hochzeit, sondern eine Segnung“ gewesen. „Homosexuelle haben denselben Anspruch auf seelsorgerische Begleitung wie andere Menschen auch und gehören zur Gesellschaft dazu.“

Die Grünen-Bundestagsfraktion kritisierte die Abberufung von Kollas. „Die Abberufung des Bezirksdekans in Wetzlar durch den Limburger Bischof ist ein geistiges Armutszeugnis für die deutsche katholische Kirche“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion Fraktion, Volker Beck, einer Mitteilung zufolge. Die Entscheidung sei ein Dokument der Unbarmherzigkeit gegenüber homosexuellen Christen.

 

Text: FAZ.NET mit lhe
Bildmaterial: F.A.Z. - Foto Wolfgang Eilmes